1. - 5. August 1999:

Bergtour auf die Zufallspitze mit Rundwanderung


- Mit Bildern -


Sonntag, 1. August 1999:
Am Vortag war ich noch auf der Zugspitze. Nun brach ich mit meinem Freund Jürgen und seinem 10-jährigen Sohn Moritz auf nach Südtirol. Nach dem Reschenpass ging es zunächst weiter Richtung Meran. Kurz hinter Schlanders bogen wir nach Süden ab in das Martelltal. Am Ende einer kleinen, kurvenreichen Straße stellten wir das Auto auf den dortigen Parkplatz (2055 m).

Wir stiegen auf zur Marteller Hütte (2610 m; Alpenverein Südtirol, Sektion Untervinschgau und Sektion Lana, Martell, Mals und Vinschgau) [Z4], wo wir übernachteten.

Montag, 2. August 1999:
Ich machte mir Gedanken, ob ich genügend warme Sachen dabei hatte. Immerhin ist die Zufallspitze 3757 m hoch - in solcher Höhe war ich noch nie. Nun ja - fürs Erste zog ich am Oberkörper nur Unterhemd und Langarmhemd an. Trotz der Kühle wird mir beim Ansteigen ja sehr warm. Pullover und Regen-/Windschutz kamen in den Rucksack.

Das Wetter sieht gut aus. [Z5] Unser Ziel lag südwestlich ganz klar vor uns. Im linken Teil des Bildes sieht man den Fürkeleferner (Vedretta della Forcola), über den unser Aufstieg erfolgte. Ein Einschnitt am Horizont ist die Fürkelescharte(3032 m).

Wir machten uns auf den Weg. [Z6] Nach einen kurzen Stück abwärts und am "Hüttensee" vorbei stieg der erste Teil des Weges nur langsam an. Nach einiger Zeit erreichten wir den Gletscher. [Z7] Den unteren Teil dieses Gletschers mussten wir überqueren. Da er aper (frei von Schnee) und nicht steil war, konnte man ohne Steigeisen gehen. Ich hatte meine aber vorsichtshalber doch mitgenommen. Es ging sich so doch angenehmer.

Ab der schon erwähnten Fürkelescharte führte uns der Weg [Z14] überwiegend schnee- und einfrei meistens auf dem breiten Grad entlang. Hier verläuft die Grenze zwischen Südtirol und dem Trentino. Wolken zogen vorbei. Wird das Wetter halten? Ohne Hast gingen wir weiter.

Im oberen Teil [Z17] gab es dann mehr Schnee, was jedoch unproblematisch war. Weiterhin war es recht stark bewölkt. Von dünner Luft spürte ich nichts.

In guter Verfassung erreichten wir schließlich nach über 1100 Höhenmetern unser Ziel. Der Berg hat zwei Gipfel. Im Deutschen spricht man von den Zufallspitzen. Wir stehen auf dem nördlichen Gipfel in 3757 m Höhe, der auf italienisch Cima Cevedale heißt. [Z22] In Richtung Südwest in 600 m Entfernung sehen wir den eigentlichen Gipfel: den Monte Cevedale. Er ist mit 3769 m noch 12 m höher. Der Weg dorthin sieht aber nicht so einfach aus. Mehrere Seilschaften sind in der ganzen Gegend unterwegs. Wir befinden uns auf einem Dreiländereck: Hinter uns liegt Südtirol, links das Trentino, rechts befindet sich die Lombardei.

Trotz der vielen Wolken um uns, die unser Aussichtsvergnügen einschränkten, hatten wir jetzt aber meist Sonne. Trotz der großen Höhe empfand ich es deshalb nicht kalt. [Z24] Mit Hemd saß ich auf dem Gipfel. Hinter mir geht es hinunter Richtung Martelltal.

Auf dem Rückweg verließen wir den Grad schon etwas eher, um auf Schneefeldern des Gletschers abrutschen zu können, was uns einen Heidenspaß bereitete. [Z29] "Der Gletscher hat hier keine Spalten", war sich mein Freund Jürgen sicher. Weiter unten im aperen Bereich gab es dann wieder kleinere Spalten. Wenn man aufpasst, fällt man auch nicht hinein. [Z30] Die Luft war zwar schon etwas kühler, solange ich aber in Bewegung war, empfand ich mich mit Hemd noch ausreichend angezogen.

Schließlich war die Hütte nicht mehr weit. [Z33] Dort angekommen, badete ich kurz in dem kleinen See. Erfrischt betrat ich die Hütte - im Hemd. Am Abend planten noch unsere weitere Rundwanderung. Soweit ich mich erinnere, schliefen wir sehr gut.

Dienstag, 3. August 1999:
Wir stiegen auf in südlicher Richtung. Ich fühlte mich etwas erschöpft. Wir kamen zum Hohenferner (Vedretta Alta). [A1] Dieser Gletscher war dünn mit Schnee bedeckt. Wir peilten die Senke im oberen Teil an. Oben angekommen (Grenze Südtirol/Trentino), bemerkten wir nach einem Blick auf die Karte, dass wir besser in einem großen Bogen gegangen wären, der rechts vom rechten Gipfel beim Hohenferner-Joch geendet hätte. So war der nun folgende steilere Südwestabstieg [A3] zwar etwas heikel, aber durchaus machbar.

Unter angekommen, ging es in einem breiten Tal leicht abwärts. Bei einigen kleineren Seen auf knapp 2800 m machten wir eine Rast. Die Wolken nahmen dabei bedenklich zu und schließlich begann es zu regnen. Ich schlug vor, zu einer Hütte zu gehen, die sich unweit von uns befand. Wir hatten nämlich einen Aufstieg von 400 Höhenmetern vor uns. Mit Regenumhang kommt man da ziemlich ins Schwitzen. Jürgen entschied jedoch, weiter zu gehen.

Nach diesem Aufstieg sahen wir vom Kamm im Nieselregen unseren nächsten Gletscher: [A6] Vedretta di Careser. Nach einiger Zeit hörte Gott sei Dank der Regen langsam auf. [A7] Das Eis war "gut durchwachsen"; es knisterte und krachte bei jedem Schritt. Endlich hatten wir den breiten Gletscher überquert und erreichten die Bocca di Saènt sud (3121 m). Es folgte "nur noch" ein relativ steiler Abstieg über knapp 700 Höhenmeter bis zum Ziel unserer Tagesetappe, dem Rifugio Silvio Dorigoni (2437 m) am Ende des Rabbi-Tals (Val di Rabbi).

Mittwoch, 4. August 1999:
Das Wetter war wieder besser. Nach kurzem Weg Richtung Südosten blicken wir auf die Hütte zurück. [A13] Es folgte ein überwiegend gemächlicher Anstieg an einem Schräghang, bis wir in etwa 2900 m Höhe eine Pass erreichten. Wir kamen wieder nach Südtirol. [A15] Richtung Nordost ging es wieder abwärts. Beim Tiefpunkt unseres Weges waren relativ viele Leute unterwegs, die vom Ultental heraufgekommen waren. Wir sahen auch etwa 2 - 3 Dutzend Haflinger Pferde. [A23] Unterhalb von uns liegt der Weißbrunner See.

Weiter ging unser Weg nach Nordwesten. Die Gegend war wieder recht karg; der Weg aber gut befestigt, wie der Blick zurück zeigt. [A24]

So kamen wir an den aufgestauten Grünsee, dahinter lag gleich unser Tagesziel: die Höchster Hütte (Rifugio Canziani, auch Grünseehütte genannt - 2504 m). [A25] Im erfrischendem Wasser des Sees badend, wusch ich mir den Schweiß des Tages ab. Abends auf der Hütte erkundigten wir uns nach dem Zustand des weiteren Weges. Wir erfuhren dabei, dass zuvor andere wieder zurückgegangen waren, weil ihnen der Abstieg auf der anderen Seite zu gefährlich erschien.

Donnerstag, 5. August 1999:
Heute war unser letzter Tag. Da wir vor unserer Heimfahrt noch ein gutes Stück Weg vor uns hatten, standen wir zeitig auf. Allerdings war der Hüttenwirt noch nicht auf den Beinen: Der Aufenhaltsraum war noch abgesperrt. Da wir eh was zum Essen dabei hatten und nur Teewasser gebraucht hätten, zog ich meinen Pullover an, setzte mich in die kühle Luft vor der Hütte und begann zu frühstücken [A27] - so auch Jürgen und Moritz.

Danach brachen wir Richtung Norden auf. Es waren noch einmal anstrengende 650 Höhenmeter bis zu unserem Übergang (~3150 m) nördlich der Weißbrunner Spitze. Richtung Nordwest sahen wir hinunter ins Martelltal [A30], unserem Ausgangspunkt.

Der nun folgende Abstieg war etwas heikel. Ein altes Seil, ca. 20 m lang, schenkte uns nicht gerade viel Vertrauen, aber wir machten uns an den Abstieg. Es folgte ein kurzes, steiles Geröllstück. Ich hatte meine dünnen Lederhandschuhe an, um mir im Falle eines Rutsches nicht die Hände aufzureißen. Dann ging es noch ein Stück über einen kleinen steilen Gletscher. Nur nicht ausrutschen - aber wir sind ja trittfest! So kamen wir bald erleichtert in weniger steiles Gelände (im unteren Teil des letzten Bildes zu erkennen). Alles war noch pflanzenlos.

Allmählich wurde die Landschaft wieder grüner. Zwischen dem Gelbsee (2729 m) und dem Kleinen Grünsee (2741m) führte der lange Weg weiter nach unten ins Zufritttal. Bei 2250 m kamen die ersten Bäume, der Wald begann. [A34]

Schließlich kamen wir beim Zufritt See (1850 m) an; nach 1300 Höhenmetern Absieg (doppelt so lang wie der Aufstieg). Ein letztes Abschiedsfoto [A36], dann kamen wir zu einer Gaststätte und die Zivilisation hatte uns wieder. "Unser" Auto stand jedoch gut 2 km entfernt und 200 m höher auf dem Parkplatz. Tapfer machte sich Jürgen auf den Weg (besser gesagt: die Straße), um es zu holen.

Für die Rückfahrt entschieden wir uns, über den Jaufenpass zu fahren. Nördlich von Meran aßen wir traumhafte Pizza! Kurz vor dem Jaufenpass verschlechterte sich das Wetter: Wolken, Regen. Auf der Norseite schüttete es. Am Brenner hielten wir noch für einen Kaffee - es regnete immer noch.

Zufrieden kamen wir schließlich wieder zu Hause in Markt Schwaben an.


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Volker Seibt